Andrea Bocellis Projekte werden von einer großen Leidenschaft für die Musik getragen, ganz egal, was er singt. Den italienischen Tenor als ägyptischen Feldherren Radames in Verdis Oper “Aida” zu erleben, ist dennoch eine ganz besondere Freude. Denn Verdis Meisterwerk ist zweifellos eine der größten Sternstunden der Opernwelt.
“Aida” verknüpft alles, was man sich nur wünschen kann: Hinreißende Melodien, unvergessliche Arien, Dramatik und Liebe. Verdis Werk ist musikalisches Märchen, exotische Abenteuergeschichte und kunstvoller Krimi zugleich – und diese faszinierenden Kontraste spiegeln sich in einer Partitur wieder, die an Vielfarbigkeit ihresgleichen sucht. Allein für den berühmten Triumphmarsch wurden auf Verdis Wunsch hin für das Bühnenorchester so genannte “Aida-Trompeten” angefertigt, die durch einen speziellen Klang noch einmal ganz besondere Akzente setzen konnten. “Aida” ist das Meisterwerk eines gefeierten Stars der Opernwelt des 19. Jahrhunderts. Insgesamt 150.000 Goldfranken erhielt Giuseppe Verdi 1871 für seine ägyptische Oper und konnte sich damit über die höchste Gage freuen, die bis dato überhaupt jemals an einen Opernkomponisten gezahlt worden war.
Wenn man Andrea Bocelli als ägyptischen Feldherren Radames erlebt, dann wird sofort offensichtlich, dass der Tenor – bei all seinen Ausflügen in andere reizvolle musikalische Gefilde – in der Klangwelt der italienischen Oper stimmlich absolut zuhause ist. Das Rezitativ “Se quel guerrier io fossi!” und die darauf folgende berühmte Arie “Celeste Aida” interpretiert Andrea Bocelli mit berührender Hingabe. Er spannt lange Bögen und stellt neben eines scheinbar unendlichen Atems auch viel Strahlkraft in der Höhe unter Beweis. Die junge amerikanische Sopranistin Kristin Lewis erweist sich an seiner Seite als perfekte Besetzung für die Rolle der nubischen Prinzessin, die alles erfüllen kanndie einer Sängerin einiges abverlangt. Kristin Lewis knüpft mit der Aufnahme für Decca an ihr gefeiertes Debüt an der Mailänder Scala an, in dem man sie jüngst unter der Leitung von Zubin Metha zum ersten Mal als Aida erleben konnte.
Doch es sind nicht nur die fabelhaften Sänger, die durchweg glänzend besetzt wurden und hervorragend harmonieren. Das “Orchestra of the Maggio Musicale Fiorentino” der Oper Florenz beeindruckt unter der Leitung von Maestro Metha bereits im Vorspiel mit hochsensiblen Streichern und feinsinniger Gestaltung und zeigt durch das ganze Album hindurch eine große Palette an orchestraler Klangfarben. Und der Chor der florentiner Oper kreiert mit immer wieder Stimmungen, die beim Publikum Gänsehaut garantieren und für die Solisten einen atmosphärischen Rahmen schaffen, in dem sie sich stimmlich völlig frei entfalten können.
Wenn die musikalische Intimität, die Intensität und die ästhetische Pracht der Oper “Aida” an sich schon ein großer Genuss für jeden Operfreund sind, so ist die neue Decca-Aufnahme ein i-Tüpfelchen auf der langen Erfolgsgeschichte von Verdis grandiosem Meisterwerk.