Mitte Oktober war es soweit: “Sentimento”, das neue Album von Andrea Bocelli wurde im “Institute of Directors” in London in prunkvollem Rahmen erstmals vorgestellt. Maestro Lorin Maazel, höchstpersönlich, begleitete Bocelli auf seiner Stradivari Artot. “'Sentimento' ist eine Fantasie aus Träumen und Liebe, die Zärtlichkeit und Leidenschaft des Liebesglücks, und die Melancholie und die Tragödie des Liebesschmerzes”, so Andrea Bocelli über sein neues Album.
Große Arrangements unsterblicher Melodien, die alle Welt bisher nur im Kammermusik-Format kannte, das war es, was Bocelli und Maazel vor einigen Jahren bei einer Art klassischer “Jam Session” in den Sinn kam. Und beide fingen an, ein wenig in der musikalischen Vergangenheit zu graben, zu grübeln und zu tüfteln. Die beiden Musiker stießen auf die großen Namen der vielleicht schönsten Epoche der Musikgeschichte, der Romantik. Paolo Tosti, Liszt, Rodrigo – der Schöpfer des berühmten “Concerto di Aranjuez” – und sie entdeckten eine heute vergessene Kunst: Um die Jahrhundertwende war es sehr beliebt, große Tenorstimmen von einer Sologeige begleiten zu lassen, eine Art Stimme ohne Worte, die im Dialog mit der “echten” menschlichen Stimme die Musik wie ein leuchtender Schatten geheimnisvoll untermalt. Wäre das nicht großartig, es für Orchester, Tenor und Geige zu arrangieren? So entstand “Sentimento”.
Sängerlegenden wie Enrico Caruso oder der irische Tenor John McCormack liebten es in den zwanziger, dreissiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, in den musikalischen Soirées mit einer Sologeige bekannte Weisen zum Besten zu geben. Schmachte es, was es wolle. Bei der Londoner Präsentation hatte Maestro Maazel nicht nur in der Musikgeschichte, sondern auch in der Geschichte seiner Plattenfirma recherchiert. Zwei knisternde und kratzende Aufnahmen von McCormack, begleitet von Fritz Kreisler, machten den Anwesenden klar, das es hier um musikalische Juwelen geht. Kreisler pflegte auch über die Musik zu improvisieren. “Ich finde es sehr schade, dass den klassischen Musikern die Kunst des Improvisierens heute verloren gegangen ist. Ich improvisiere nicht mit Andrea, obwohl ich es gern täte. Aber allein das Orchestrieren der Lieder hat mir die Kreativität und Wandelbarkeit dieser musikalischen Miniaturen, die ich gut zu kennen glaubte, neu vor Augen geführt. Ich habe die Arrangements vor zwei Jahren während der Salzburger Festspiele gemacht, zwischen ‘Don Giovanni’ und ‘Don Carlo’.
Ein paar Zitate habe ich mir auch erlaubt”, kommentiert Maazel schmunzelnd seine Arbeit, die ihm sichtlich Spass gemacht hat. Da Maazel eben nicht nur Dirigent, sondern auch Komponist und Geiger ist, war es kein Problem, die Lieder “richtig aufzublasen”. Maazel spielt eine Stradivari aus der sogenannten “Goldenen Periode” der dreissiger Jahre des 18. Jahrhunderts, gebaut 1722. Der lyrische Klang des Instruments hat einen geradezu elektrisierenden Kern und schmiegt sich wie ein hauchdünner Nerz um Bocellis Stimme, die hier eine wunderbare Balance zwischen zarten Tönen und dramatischem Anschwellen findet. Bocelli hat keine große Stimme, aber er singt technisch perfekt, phrasiert im Stil der italienischen Tenorlegenden der fünfziger, sechziger Jahre wie Giuseppe di Stefano, der sein Lehrer war. Andrea Bocelli singt diese Lieder wie Gedichte, mit Rosen in der Stimme. Kein Album für oberflächliche Happy End-Stimmung, sondern eine ehrliche Liebeserklärung an die Liebe. Bei der himmlisch-schönen Gesangsversion von Liszts “Liebestraum”, in den düsteren Seufzern von Tostis “Vorrei morire!” oder in den feurigen Liebesschwüren von Rodrigos “En Aranjuez con tu amor”, da ist Bocelli zuhause. Worte wie “piango”, “sogno”, “addio” haucht er aus der Brust, und man nimmt ihm jedes Wort ab.
Vor allem eines stellt das Album ein für allemal klar: dass Liebesglück ebenso ergreifend klingt wie der Liebesschmerz. Mit “Sentimento” kommt Ihr Herz in Stimmung! Ab 4. November im Handel.
Wenn Sie sich jetzt schon einen ersten Eindruck von "Sentimento" machen möchten, dann verfolgen Sie auf der offiziellen Site das Preslistening. Dort wird jeden Tag ein kompletter Track vorgestellt.