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Rausch der Emotionen

20.02.2008
So schön kann die Liebe sein, wenn sie denn erwidert wird, so traurig und tragisch, wenn die Sympathien umgleich verteilt sind. Komponisten und Theaterleute jedenfalls haben über die Jahrhunderte hinweg gerne auf die Klischees der zwischenmenschlichen Dramatik zurück gegriffen, wenn es darum ging, große Gefühle auf die Bühne zu bringen. Vor allem in der Zeit nach Mozart erlebte das Melodram eine neue Blüte bis in die Phase der Verismo, zu Werken wie Ruggiero Leoncavallos “I Pagliacci” und Pietro Mascagnis “Cavalleria Rusticana”. Beiden gehören zu den Lieblingsstücken der Opernfreunde und auch Herbert von Karajan hatte sich ihrer mit der für ihn typischen Chuzpe angenommen, wie die DVD seiner Interpretationen im opulenten Surround Sound remastered eindrucksvoll belegt.
 
Ruggiero Leoncavallo versuchte in verschiedenen Anläufen, es mit den berühmten Zeitgenossen der italienischen Oper aufzunehmen. Geboren in Neapel, ausgebildet am dortigen Konservatorium und in Bologna, arbeitete er als Librettist, Komponist und konnte 1892 mit dem Zweiakter “I Pagliacci” (“Der Bajazzo”) einen sensationellen Erfolg feiern. Die Geschichte um den liebestollen Dorfkomödianten Canio, der vor versammeltem Publikum seine Frau und deren Freund ersticht, packte zunächst das Mailänder Premierenpublikum und bald darauf auch den Rest der Opernwelt bei der Sensationslust. Allerdings blieb es das einzige wirklich erfolgreiche Bühnenwerk des Komponisten.Ähnlich erging es auch Pietro Mascagni, dem mit “Cavalleria Rusticana” sein Meisterstück gelang.

Da stellt der junge Bauer Turiddu seiner früheren Verlobten Lola nach, die jedoch, so wie er selbst, inzwischen anderweitig verheiratet ist. Die einstige Liebe bricht wieder durch, der Ehemann Alfio allerdings ist alles andere als begeistert von der heimliche Liaison. Wie es in Süditalien so üblich ist, folgt ein Zweikampf um die Ehre, der mit Turiddus Tod endet, was aber letztendlich überall nur gebrochene Herzen hinterlässt.

Beide Opern werden ihrer veristischen Verwandtschaften und ihrer Kürze wegen gerne zusammen präsentiert, so auch auf der DVD mit den Interpretationen von Herbert von Karajan. Der Dirigent war in diesem Fall vor allem bei der filmischen Umsetzung des “Bajazzo” beteiligt, für den eigens ein Mailänder Eisstadion in ein Theaterdorf umgebaut worden war. Inszeniert von Paul Hager mit einem Bühnenbild von Georges Wakhevitch, dem großartigen Jon Vickers als Canio und seinen Partnern und Partnerinnen Raina Kabaivanska (Nedda) und Peter Glossop (Tonio) entstand ein Opernfilm, der in Kombination mit der “Cavalleria Rusticana” in jeden klassikbegeisterten Haushalt gehört.

Denn auch in Mascagnis Fall wurde großer Aufwand getrieben. Gemeinsam mit dem Regisseur Ake Falck realisierte Herbert von Karajan eine zeitgemäß avancierte optische Umsetzung der Inszenierung von Giorgio Strehler und hatte mit Fiorenza Cossotto, Gianfranco Cecchele, Adriana Martino, Giangiacomo Guelfi, Anna di Stasio hervorragende Solisten und  mit dem Orchestra e Coro del Teatro alla Scala ein Verismo-erfahrendes Ensemble zur Verfügung. So entstand ein Opernfilm, von dem die New York Post meinte: “Das Resultat verlangt die Aufmerksamkeit von jedem, der Musik liebt. Das ist eine bemerkenswerte Cavalleria, wunderbar gesungen, feinsinnig gespielt und dramatisch gespielt”.
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