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Karajans Mozart-Votum

Herbert von Karajan © Siegfried Lauterwasser / DG
© Siegfried Lauterwasser / DG
08.07.2009
Als im vergangenen Jahr der 100.Geburtstag von Herbert von Karajan gefeiert wurde, hatte die Deutsche Grammophon das Jubiläum zum Anlass genommen, dem Maestro neben zahlreichen anderen Veröffentlichungen auch mit der umfangreichen und exklusiven Box „Karajan Symphony Edition“ zu gratulieren, die auf 38 CDs alle sinfonischen Aufnahmen in einem Schuber präsentierte, die während der Jahrzehnte der fruchtbaren Zusammenarbeit entstanden. Es war eine gewaltige Edition, die einen Querschnitt nicht nur durch das Oeuvre eines faszinierenden Dirigenten bot, sondern darüber hinaus als Grundlage überhaupt der modernen Orchestersprache gelten kann. Einzelne Teile der „Symphony Edition“ sind nun in separater Ausgabe zu haben, so auch Karajans Beschäftigung mit den späten Sinfonien von Wolfgang Amadeus Mozart, die als eigene 3CD-Box erschienen ist.

Um Mozarts Werke wirklich zu verstehen, muss man womöglich ein Menge Ballast hinter sich lassen, den die Wissenschaft und musikalische Archäologie im Laufe der Jahrhunderte aufgehäuft hat. Denn so sehr auf der einen Seite die Erkenntnisse der Forschung etwa auf dem Gebiet der historischen Aufführungspraxis Irrtümer der Vergangenheit vor allem in Bezug auf die Gültigkeit des Notentextes ausgeräumt und korrigiert haben, so deutlich ist eine gute Interpretation doch noch immer von dem abhängig, der die spezielle Aura einer Komposition zu erfassen und herauszustellen vermag. Herbert von Karajan liebte die Werke Mozarts, mit dem er nicht nur die Geburtsstadt teilte, sondern für dessen Ansehen im 20.Jahrhundert er auch gegenüber der Kritikerzunft focht. Als der Dirigent 1972 auf seinen volltönenden „Bruno-Walter-Stil“ bei der Interpretation der Symphonien angesprochen wurde, antwortete er einem Journalisten: „Man hat immer noch ein falsches Bild von Mozart! Man sieht ihn als Faulpelz, eine Art Playboy, der mit seiner Musik von Palast zu Palast zog. Mozart war mit Herz und Seele Kind seiner Zeit. Er war in einem ständigen Zustand geistiger Erregung“.

Herbert von Karajans Umgang mit den Werken des Salzburgisch-Wiener Klassikers ist daher bestimmt vom Kontrast zwischen hintergründigem Ernst und Leichtigkeit an der Oberfläche. Und entgegen der Meinung seiner Spötter schaffte er es sehr wohl, die verschiedenen Nuancierungen der Interpretation auf clevere Weise mit seinem Stammorchester, den Berliner Philharmonikern, umzusetzen. Man denke beispielsweise den ersten Satz der berühmten „Sinfonie Nr.40, g-moll“, dieses flirrend traurige Thema mit einem Anflug von Schwermut, das Mozart im Auge mancher Biographen bereits zum depressiven Melancholiker werden ließ. Herbert von Karajan ließ sich nicht beeindrucken von werkexternen Deutungen, sondern und verhalf diesem großartigen Stück Musik zur notwendigen Klarheit, um es von innen heraus verstehen zu können.

Oder auch die letzte, die „Jupiter“-Sinfonie. Mozart hatte sie geschrieben, nachdem er sich ausgiebig mit Johann Sebastian Bach beschäftigt hatte. Er hatte sich mit fugalen und kontrapunktischen Gestaltungsformen befasst und sie im letzten Satz in einer Perfektion verarbeitet, die bis heute staunen lässt. Denn wie im Verlauf des Finales fünf verschiedene Stimmen auf komplexe Weise zu einem Motivnetzwerk miteinander verbunden werden, gehört zum kunstvollsten, was die klassische Orchestermusik zu bieten hat. Herbert von Karajan erweist sich auch hier, wie überhaupt bei seiner Deutung von Mozarts späten Sinfonien als Visionär der Interpretation, dessen transparente Klangvorstellung viele Zeitgenossen in ihrer Vorstellung von Orchesterklang geprägt hat.

Mehr Informationen zu Herbert von Karajan finden Sie auf seiner Künstlerseite bei KlassikAkzente.
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