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Herbert von Karajan feiert Schumann

Herbert von Karajan © Siegfried Lauterwasser / DG
© Siegfried Lauterwasser / DG
01.07.2009
Robert Schumanns Sinfonien wurden lange Zeit verkannt. Das mag daran liegen, dass er selbst an sich zweifelte und sich trotz des Erfolges etwa der „Frühlingssinfonie Nr.1“ von weniger euphorischen Würdigungen wie bei der Premiere seiner „d-moll Sinfonie“ im Dezember 1841 aus dem Konzept bringen ließ. Vielleicht hängt es auch mit dem Schatten Beethovens zusammen, in dem sich Schumann zeit seines Lebens sah. Bereits Gustav Mahler aber erkannte die ungeheure Faszination der Klangsprache seines romantischen Kollegen und bearbeitete daher dessen Sinfonien für die Aufführung. Und natürlich war es auch für einen Dirigenten vom Schlage Herbert von Karajans eine Herausforderung, den in der Orchesterdisziplin verkannten Romantiker ins rechte Licht zu rücken.

Gustav Mahler liebte die Musik von Robert Schumann, aber fand sie stellenweise noch nicht perfekt in ihrer Wirkung. Also machte er sich daran, die Partituren der Sinfonien zu optimieren. Wichtig war ihm, dem Original soweit als möglich zu folgen, es allerdings in Fragen der Dynamikgliederung, des Tempos und der Klangtransparenz zu verbessern. Da Schumann kein besonders begabter Orchestrator gewesen war, war dieses Unterfangen trotz großartiger Vorlagen ein gutes Stück Arbeit. Im Falle der 2.Sinfonie nahm Mahler immerhin 355 Revisionen vor, in der 4.Sinfonie sogar 466. Dabei handelte es sich in der Regel um Veränderungen der Instrumentierung, um Neudeutungen der Lautstärke-Kontraste, manchmal auch um Farbänderungen, indem er etwa die Streicher eine Passage pizzicato anstatt arco anstimmen ließ. Im Fall der ersten Sinfonie waren es 830 Revisionen kleiner Passagen und Akzente, im Speziellen der Bläser, bei der „Rheinischen“ noch 465, wobei sich Schumann in diesem Fall durch den Einsatz der damals neuen Ventilhörner als im Vergleich zu den anderen Werken in der Gesamtklanggestaltung versierter heraus stellte.

Aus heutiger Perspektive sind solche Eingriffe schwerwiegende Änderungen. Trotzdem machen sie deutlich, in welchem Spannungsverhältnis sich Dirigenten befinden, die sich mit der Sinfonik Robert Schumanns beschäftigen. Originalität auf der einen Seite trifft auf Wirkungsmacht auf der anderen und im Idealfall verbindet sie sich darüber hinaus mit einem Genius am Pult, der diese Balance hält und ihr darüber hinaus noch eine eigene stimmige Charakteristik verleiht. Herbert von Karajan ist so ein Fall, denn wie kaum ein anderer Dirigent seiner Zeit war er in der Lage, einem Orchester, zumeist den Berliner Philharmonikern, einen markanten Klang zu geben und im gleichen Moment dem Werk zu seinem Recht zu verhelfen. Bei ihm wirkte Robert Schumann spritzig und genialisch, auf der anderen Seite luzide und entrückt, dann wieder introvertiert und fast ein wenig sperrig. „Starke, treibende Kraft in den Allegros und fließende Schönheit in den Kantabiles, das ist der Kern von Karajans Schumann“, schrieb der Rezensent der Zeitschrift Gramophone anlässlich der Erstausgabe der Sinfonien auf CD Anfang der Neunziger. Nun sind diese vier Meisterwerke der Dirigierkunst wieder erhältlich, zusammengefasst in einer Box als Wegmarke des modernen Schumann-Verständnisses.

Mehr Informationen zu Herbert von Karajan finden Sie auf der Künstlerseite des Dirigenten bei KlassikAkzente.
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