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Liebe und Melancholie

Strauss' "Der Rosenkavalier" am Festspielhaus Baden-Baden mit Renée Fleming
© Andrea Kremper
29.08.2012
Es war eine Art von Rückkehr zum Traditionellen. Mit „Salome“ und „Elektra“ hatte Richard Strauss die Grenzen des Musiktheaters neu definiert, mit dem „Rosenkavalier“ jedoch wandte er sich wieder einer mozartesken, ganz und gar unwagnerianischen Ausdrucksform einer heiteren Oper zu. Unterstützt von seinem kongenialen Librettisten Hugo von Hofmannsthal gestaltete er ein Intrigenspiel mit neobarocker Oberfläche, das allerdings in seinen tieferen Aussagen durchaus auf dem philosophischen Stand seiner Zeit war.

Zuckerwasser und Provokation


Trotzdem war der „Rosenkavalier“, der am 26. Januar 1911 in Dresden uraufgeführt wurde, Ausgangspunkt für zahlreiche ablehnende Äußerungen bis hin zu Otto Klemperers Diktum, der die Musik als „Zuckerwasser“ bezeichnete. Dabei übersahen die Kritiker, dass genau darin die eigentliche Provokation bestand. Strauss und Hofmannsthal hatten die Handlung in das Wien von 1740 zurückversetzt. Im Zentrum stand der junge Graf Octavian, der von seinen Leidenschaften getrieben von der Affäre mit der erfahrenen Feldmarschallin in die Liebe zur jungen Sophie stolpert, welcher aber nach üblichem Procedere zahlreiche gesellschaftliche Grenzen im Wege stehen.

Der Genius von Richard Strauss


Letztlich wird diese Liebe nur möglich, weil sich einerseits einige Beteiligte – der Graf Ochs und seine Entourage – als eine intrigante und erbschleicherische Aristokratenhorde herausstellt und auf der anderen die Feldmarschallin in Reflexion der Vergänglichkeit ihrer Schönheit den jungen Liebhaber in die neue Liaison entlässt. So gibt es zwar ein Happy End, aber doch eines, das erst durch eine Reihe von Regelbrüchen ermöglicht wird. Dazu kommt die erstaunliche Musik, die Strauss um die Handlung entwickelte. Obwohl sie an manchen Stellen operettenhaft erscheint, bleibt sie im Kern ein flirrender, energiegeladener Kontrast zum burlesk-galanten Bühnengeschehen.

Renée Flemings Paraderolle

Der „Rosenkavalier“ ist daher eine Herausforderung für Darsteller wie für Dirigenten, die sie der drohenden Klischeehaftigkeit entreißen wollen. Und der Aufführung 2009 am Festspielhaus in Baden-Baden ist das wunderbar gelungen. Das lag zum einen an der juvenil energischen Orchesterführung von Christian Thielemann, der die Münchner Philharmoniker mit vorbildlicher Lebhaftigkeit anleitete. Vor allem aber war es das Verdienst von Renée Fleming, die eine mitreißend vielschichtige Marschallin darstellte, die nicht nur in ihrem Gesang, sondern auch in der gesamten dramatischen Umsetzung der Rolle die im Kern melancholische Heldin des Geschehens mitreißend verkörperte.

Famoses Ensemble


Die Wirkung dieser Oper und auch dieser Einspielung liegt aber nicht nur an einzelnen Künstlern, sondern am Zusammenspiel eines ausgezeichneten Ensembles. Neben Renée Fleming ist zum Beispiel Sophie Koch als bezaubernder Octavian in der berühmten Hosenrolle zu erleben. Diana Damrau ist eine hinreißend unschuldige Sophie, Franz Hawlata ein perfekt aristokratischer Baron Ochs und in einer kleinen aber feinen Nebenrolle ist sogar der Münchner Tenorstar Jonas Kaufmann als Italienischer Sänger mit von der Partie. Auf diese Weise konnte ein „Rosenkavalier“ entstehen, der alle Vorzüge einer gelungenen Aufnahme vereint: Brillanz und Schauspielkunst, Vitalität und große, beeindruckende Musik.

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