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Gereifte Schönheit

Renée Fleming Vier letzte Lieder
Decca/Andrew Eccles
21.01.2009
Es waren rauschende Abende im vergangenen April. Maestro Christian Thielemann und die Münchner Philharmoniker hatten in den Großen Saal im Münchner Gasteig geladen und als Stargast eine der bedeutendsten Sopranistinnen unserer Tage in ihre Reihen gebeten: Renée Fleming. Auf dem Programm stand Musik von einem der musikalischen Heroen der Stadt, dem Komponisten Richard Strauss. Und es wurde das erhoffte Highlight, denn Orchester wie Solistin gelang es, die „Vier letzten Lieder", mehrere Opernarien und frühere Lieder mit fragiler Schönheit und packender Intensität zu gestalten. Das Decca-Team war an diesen denkwürdigen Konzertabenden dabei und so kann Flemings „Münchner Strauss" nun seinen Weg in die internationale Klassikwelt finden.
Zuweilen spottete Richard Strauss, wenn es darum ging, das Klischee vom romantischen Musikgenie zu relativieren. Als Komponist an der Schwelle zur Abstraktion, zur dekonstruierenden Moderne konnte er auch die latente Naivität etwa ungetrübter Naturempfindung nicht unkommentiert stehen lassen. Für seine Lieder allerdings wählte er trotzdem gerne romantische oder romantisierende Textvorlagen, schon aus dramaturgischen Gründen, denn Bilderreichtum und Emotionalität in der Dichtung erlaubten auch ein breites Spektrum der musikalischen Umsetzung. Selbst die „Vier letzten Lieder", die er als vorletzte Komposition seines Lebens anno 1948, nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs in einer Ära vollendete, die von Trakl bis Celan bereits eine massivere Sprache kannte, hatten immerhin Joseph von Eichendorff und Hermann Hesse als Autoren und konnten daher auf einem poetischen Grundgehalt aufbauen, der ernste Themen wie Tod und Ende in passende Metaphern verpackte. Uraufgeführt wurden die vom Verleger mit ihrem Titel versehenen Lieder neun Monate nach dem Tod von Strauss in der Royal Albert Hall durch die norwegische Wagnersängerin Kirsten Flagstad, begleitet durch das Philharmonia Orchestra unter der Leitung von Wilhelm Furtwängler.
Die „Vier letzten Lieder" sind trotz ihres vergleichsweise kurzen Umfangs bis heute eine Quell anhaltender Inspiration, auch für erfahrene Solistinnen wie die amerikanische Sopranistin Renée Fleming, die sie nun bereits zum zweiten Mal aufgenommen hat. „Ich singe sie schon seit 13 Jahren", erklärt die Künstlerin im Gespräch mit Klassik Akzente, „und oft, öfter als alles andere habe ich die ‘Letzten Lieder’ schon gesungen – und ich werde sie wahrscheinlich immer singen. Die Details, besonders die Texte, sind mir wichtiger geworden. Sie noch einmal aufnehmen zu dürfen, ist ein Luxus. Normalerweise hat man kaum dazu Gelegenheit, sie auch nur einmal einzuspielen. Am Anfang habe ich gezögert, denn ich wiederhole Aufnahmen nicht so gern. Es gibt ja auch eigentlich keinen Grund dazu, denn es gibt so viel Repertoire, das es wert ist, eingespielt zu werden. Aber dann habe ich doch bemerkt, wie ich mich verändert habe. Beim ersten Mal, mit Christoph Eschenbach damals, war ich wirklich sehr brav und habe noch eher versucht, eine Interpretation zu finden. Jetzt passen die Lieder mir einfach besser. Ich verstehe die Tiefe der Texte heute eher. Und wenn man etwas ein zweites Mal aufnimmt, dann muss man es natürlich auch ganz anders machen als beim ersten Mal".
Renée Fleming hatte in diesem Fall das Glück, mit Christian Thielemann und seinem famosen Orchester einen Spezialisten an ihrer Seite zu haben, der zu den profunden Strauss-Kennern seiner Generation gehört. Neben den späten „Vier letzten Liedern" nahmen sie auch frühere Stücke wie die „Zueignung, op.10″ von 1885 oder die 1900 von Strauss' Frau Pauline uraufgeführten Lieder „Freundliche Vision" und „Winterweihe" ins Programm. Zur dramaturgischen Abrundung schließlich wählten sie drei Arien aus der Oper „Ariadne auf Naxos" und die wunderbare „Zweite Brautnacht" aus „Die ägyptische Helena", so dass damals in der Münchner Philharmonie und nun auf CD unter dem Titel „Songs & Arias" eine im wahren Wortsinne prachtvolle Musik entstehen konnte, deren emotionale Kraft sich von den Künstlern auf die Hörer überträgt.

Renée Fleming Live:
25.01.2009 Baden-Baden Festspielhaus
28.01.2009 Baden-Baden Festspielhaus
31.01.2009 Baden-Baden Festspielhaus
06.02.2009 München, Philharmonie Gasteig
09.02.2009 München, Philharmonie Gasteig

27.03.2009 Hamburg Laeiszhalle
29.03.2009 Hamburg Laeiszhalle
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