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Die Unbeugsame

Renée Fleming
12.08.2005
Reneé Fleming ist immer für Überraschungen gut. Während die amerikanischen Sopranistin in ihrer Heimat zur Zeit mit dem Album Haunted Heart für Furore sorgt, das sie unter anderem mit den Jazz-Koryphäen Bill Frisell an der Gitarre und Fred Hersch am Klavier zusammenbringt, präsentiert sie sich in der alten Welt von ihrer klassisch modernen Seite und interpretiert Richard Strauss. Für ihre erste komplette Opern-Studio-Aufnahme seit Massenets “Thais” vor fünf Jahren schlüpft sie dabei in die Rolle der Daphne und brilliert auch hier als herausragende und inspirierte Interpretin.
Es waren unheilvolle Tage. Der vom rassistischen Denken des Nationalsozialismus angezogene Pöbel begann in Deutschland mehr und mehr, seine hässliche Fratze zu zeigen, während die Fahne der Hochkultur als Alibi für das Ausland noch immer hochgehalten wurde. Richard Strauss reagierte auf die zunehmende Verrohung des einstigen Landes der Dichter und Denker mit einer seit der Klassik probaten Weltflucht und komponierte einen Operneinakter, den er im mythischen Griechenland spielen ließ. Daphne wurde 1938 in Dresden uraufgeführt und sie entführte das Publikum in einen bacchantischen Raum weit entfernt von der Realität. Zunächst ging es ums Feiern. In der Nähe des Olymps werden bei der Hütte des Fischers Peneinos Vorbereitungen für das jährliche Weinfest der blühenden Rebe getroffen. Dessen Tochter Daphne hält sich jedoch aus den Aktivitäten heraus, da sie nach anderen, höheren Idealen als dem Rausch strebt. Die Werbungen ihres Jugendfreundes Leukippos wie auch des verkleideten Apoll bleiben ergebnislos und erzürnen den Olympier so sehr, dass er schließlich das Fest platzen lässt und seinen Kontrahenten tötet. Daphne erkennt zu spät ihre Liebe zu Leukippos, Apoll muss feststellen, dass er die Begehrte nicht bekommen kann. Und so wird Daphne in einen immergrünen Lorbeerbaum des göttlichen Hains verwandelt, damit sie wenigstens in dieser Form für den enttäuschten göttlichen Liebhaber erhalten bleibt.
 
So bemüht der Stoff aus heutiger Perspektive erscheint, so grandios ist auf der anderen Seite die Titelpartie angelegt. Denn die Daphne ist eine von Straussens grandiosen Sopranrollen und daher auch eine wirkliche Herausforderung für Renée Fleming. Die Opernaufnahmen des Werkes entstanden im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit den Aufführungen der Wiener Staatsoper, zu denen Fleming eingeladen worden war. Als Partner hatte sie unter anderem den Tenor Johan Botha als Apoll und dessen Kollegen Michael Schade als Leukippos an ihrer Seite, für die musikalische Leitung sorgte der Strauss-Spezialist Semyon Bychkov, der bei dieser Gelegenheit dem Chor und Orchester des Westdeutschen Rundfunks vorstand. Und so konnte auf 2 CDs festgehalten werden, was im Anschluss an die Wiener Aufführungen nicht nur die regionale Presse zu Lobeshymnen veranlasste. Ein Sammlerstück auf der einen Seite und darüber hinaus eine grundlegende Einspielung, die in keiner Opernkollektion fehlen darf.
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