Vladimir Ashkenazy | News | Vladimir & Vovka Ashkenazy: Vier Hände, eine Welt

Vladimir & Vovka Ashkenazy: Vier Hände, eine Welt

Vladimir Ashkenazy am Klavier
© Decca
12.08.2009
Die Impressionisten liebten die Opulenz, aber in einer anderen Form als ihre spätromantischen Zeitgenossen. Ihnen ging es um Farben und Kontraste, um strukturelle Experimente, ja auch um das Einfangen von Stimmungen, die beispielsweise sich mit anderen, fremdländischen Klangtraditionen auseinandersetzten. Der Meisterpianist und Dirigent Vladimir Ashkenazy hat sich nun gemeinsam mit seinem Sohn Vovka Ashkenazy daran gemacht, einige der musikalischen Ausflüge, die Claude Debussy und Maurice Ravel für zwei Klaviere entworfen hatten, neu zu interpretieren. Es sind ungewöhnliche, hochkomplexe Werke, die aber unter der Ägide dieser beiden famosen Künstler ihre irisierende Schönheit entfalten.

Zwei Klaviere sind ein Orchester. Und sie wurden in den Salons der Wende zum 20.Jahrhundert auch als solches verwendet. Zahlreiche Transkriptionen sorgten dafür, dass etwa die Opernhits der Epoche in dieser kleinen Besetzung verfügbar waren, entweder vierhändig an einem Instrument oder in der luxuriöseren Ausführung auch an zwei Flügeln. Originäre Kompositionen für diese Besetzung allerdings waren rarer als die Bearbeitungen orchestraler Vorlagen. Maurice Ravel wagte sich als zwanzigjähriger Jungspund an eines dieser Zwiegespräche und gestaltete die „Sites auriculaires“ (frei übersetzt „Ohrenplätze“), die schon durch ihren eigentümlichen Titel den experimentellen Charakter betonen. Tatsächlich nimmt der Komponist einiges vorweg, was später in seinen Werke immer wieder als Motiv auftauchen sollte, zum einen die Auseinandersetzung mit spanischen Gestaltungstraditionen, auf der anderen Seite das Andeuten von Glocken als Motiv.

Jedenfalls übten die darüber hinaus von Erik Satie beeinflussten „Sites“ einen speziellen Reiz auf die Zeitgenossen des jungen Bilderstürmers aus. Claude Debussy, mehr als ein Jahrzehnt älter und bereits erfahrener im Umgang mit dem knospenden Ideengut des Impressionismus, nahm einige, vor allem die hispanesken Impulse in seine 1901 geschriebene Komposition „Lindaraja“ , ebenfalls für zwei Klaviere, auf. Für das Vater-Sohn-Duo von Vladimir und Vovka Ashkenazy sind diese Stücke durchaus eine Herausforderung. Denn so wie sich Debussy und Ravel im Ganzen der Vereinfachung auf das Stimmungshafte entziehen, so präsentieren sie sich auch mit den sechs ausgewählten  Werken für zwei Klaviere als Visionäre der nach dem Ersten Weltkrieg einsetzenden Revolution der europäischen Klangwelt.

Vieles löst sich hier bereits auf, in schroffen Gegensätzen wie in „En blanc et noir“ oder auch in dem den jungen Stravinsky beeinflussenden poème choréographique „La Valse“, das übrigens zwei Wochen vor „Le Sacre du Printemps“ im Mai 1913 uraufgeführt wurde. Faszinierend ist dabei nicht nur die Vielgestaltigkeit der Werke, sondern auch die organische Präzision der Interpreten, die diese mächtigen Stücke mit fließender Leichtigkeit präsentieren. Schließlich haben beide bereits lange Jahre musikalischer Erfahrung hinter sich, der eine seit seinen frühen Erfolgen in den sechziger Jahren, der andere spätestens seit seiner Arbeit als Klavierprofessor am Konservatorium von Angoulême, wo er von 1998 bis 2007 wirkte. Gemeinsam ist ihnen mit „Debussy – Ravel – Music For Two Pianos“ ein Musterstück der musikalischen Kommunikation gelungen, dessen Facetten und Feinheiten viele anregende Hör-Stunden versprechen.

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