Sir Colin Davis ist tot. Der britische Dirigent verstarb im Alter von 85 Jahren, wie das London Symphony Orchestra am Sonntagabend auf seiner Internetseite mitteilte. Bereits im Alter von 13 Jahren fasste Davis den Entschluss, Dirigent zu werden. Doch studierte er Klarinette, weil er aufgrund unzureichender pianistischer Fähigkeiten nicht für die Dirigentenklasse an der Royal Academy of Music zugelassen wurde. Gleichwohl verwirklichte Davis seinen Traum von einem Dirigentendasein. „Alle Operndirigenten, die vom Klavier herkommen, verkennen das Wesen der Oper, vielleicht das Wesen der Musik überhaupt“, erklärte er einmal. „Musik“, so Davis, „lebt nur mit und aus dem Atem, finde ich.“
Nach Absolvierung des Wehrdienstes nahm Sir Colin Davis ab 1949 erste Engagements als Dirigent wahr, vorerst jedoch für einige Jahre ohne feste Anstellung. 1967 übernahm er als Chefdirigent die Leitung des BBC Symphony Orchestra. Es folgten Stationen als Musikdirektor am Royal Opera House und Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks. Von 1995 bis 2006 war Davis Chefdirigent des London Symphony Orchestra, das er erstmals 1959 dirigiert hatte. Eine enge Beziehung verband ihn daneben über viele Jahre mit der Staatskapelle Dresden. Als Erster Gastdirigent des Orchesters nahm er mit ihm unter anderem einen Beethoven-Zyklus und Mozarts „Zauberflöte“ auf. 1990 wurde Sir Colin Davis zum ersten Ehrendirigenten in der fast 500-jährigen Geschichte der Staatskapelle Dresden ernannt.
Sir Colin Davis dirigierte 1977 als erster Brite den „Tannhäuser“ in Bayreuth und gilt als Wegbereiter der in den 1960er Jahren einsetzen Berlioz-Renaissance. Zudem setzte er sich für die Musik der britischen Komponisten Michael Tippett und Benjamin Britten ein. Besonderes Lob erfuhren unter anderem seine Einspielungen der Symphonien Mozarts und Sibelius’.
Das Bayerische Fernsehen ändert aus Anlass des Todes von Sir Colin Davis sein heutiges Abendprogramm und sendet ein Porträt des großen Dirigenten: „Sir Colin Davis – Dirigent und Gentleman – Ein Porträt von Fritz Zeilinger“ (Mo., 15.4., 23.30 Uhr). Im Hörfunk widmet BR-KLASSIK dem Dirigenten u.a. morgen die Konzertsendung „Philharmonie“ (Di., 16.4., 10.03 Uhr sowie ein Porträt von Bernhard Neuhoff – „Die Musik hat weite Flügel“ (19.05 Uhr).