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Zeit für den Boxen-Stopp

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09.12.2009
Das ist die Lösung! Wer sich bislang nicht sicher war, womit er Freunde, Bekannte und Verwandte zum Weihnachtsfest beglücken soll, der bekommt hier nun einen kleinen Führer an die Hand, der durch die wunderbare Welt der klassischen Anthologien leitet. Denn ganz frisch sind einige ausgewählte Titel wie die Welt-Edition „Meisterwerke für Klavier 1–7“ erschienen, die mit edler Aufmachung und realistischem Preis den passenden Einstieg in den musikalischen Kosmos der großen Komponisten bieten. Außerdem gibt es zahlreiche weitere spannende Sammlungen, die von der Werkausgabe Frédéric Chopins über die DG 111-Editionen bis hin zu spirituellen Meditationen mit Papst Benedikt XVI. reichen. Ein paar Tipps.
Klavier-Anthologien gibt es viele. Deswegen haben sich die Klassikspezialisten der Deutschen Grammophon etwas Besonderes einfallen lassen. Denn für die Welt-Edition „Meisterwerke des Klaviers 1–7“ haben sie sich zum einen mit den Musik-Journalisten aus der Redaktion der Tageszeitung „Die Welt“ zusammen getan, die zugesagt haben, mit kompetenten Texten in einen bestimmten Werkkomplex einzuführen. Sie haben außerdem beschlossen, auf sieben CDs jeweils einen großen Komponisten des Fachs vorzustellen, thematisch zusammengefasst und nach einzelnen Bedeutungsfeldern geordnet. Sie haben in die Schatzkiste großartiger Interpreten gegriffen und von Lang Lang, Hélène Grimaud und András Schiff über Friedrich Gulda und Maurizio Pollini bis hin zu Martha Argerich, Rudolf Serkin, Claudio Arrau und Sviatoslav Richter die Größten der Großen ihres Fachs versammelt. Und, was als Sahnehäubchen noch dazu, sie haben es geschafft, durch straffe Kalkulation, die Box zu einem günstigen Ladenpreis zu gestalten, der eigentlich keine Wünsche offen lässt.
Einem Komponisten im Speziellen widmete sich Alfred Brendel in den achtziger Jahren. Der feinsinnige Pianist hatte sich mit einem der besten jungen Kammerorchester seiner Generation zusammengetan, um ein Standardwerk der Aufnahmegeschichte zu verwirklichen. Gemeinsam mit der Academy Of St. Martin In The Fields hielt Alfred Brendel sämtliche Klavierkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart auf Langspielplatte fest und schuf eine Referenzaufnahme dieser Werke, die nicht nur deren Ansehen in der durchaus kritischen Musiköffentlichkeit fundamentierte, sondern auch den endgültigen Durchbruch für das von Sir Neville Marriner geführte Spitzenorchester bedeutete. Die Mozart-Konzerte Nr.5 bis Nr.27 sind im Herbst in einer Box auf 10 CDs im Rahmen der Reihe Eloquence in limitierter Auflage erschienen und ermöglichen es für alle Mozartsfans zu einem ebenfalls konkurrenzlosen Preis, sich die klassische Einspielung schlechthin dieser Werke zu leisten. Wer da nicht zugreift, verpasst große musikalische Kunst in famoser, dezent humorvoll britischer Interpretation.
Für den polnischen Meisterpianisten Adam Harasiewicz war Frédéric Chopin mehr als nur ein genialischer Komponist der polnisch-französischen Salon-Romantik. Seine Interpretationen fußen auf der Fähigkeit des Mitempfindens musikalischer Zusammenhänge und schaffen es daher, mit verblüffender Präzision den emotionalen Kern der ausgewählten Werke herauszuarbeiten. Sein Chopin ist zwar auch heroisch wie bei Kollege Horowitz, er kann feinsinnig sensibel wirken wie bei Ashkenazy oder auch zielstrebig präsent wie bei Rubinstein. Über all dem jedoch schwebt das latente Mit- und Gegeneinander von Euphorie und Tragik, letztlich also das Manische der Kompositionen, das etwa die Polonaisen oder Scherzi so einzigartig macht. Dazu kommt eine ungewöhnlich perlende Geläufigkeit in den Etüden, das klar ausbalancierte Pathos etwa in den Etüden und Impromptus, die somnambule Entrücktheit der Nocturnes, der melancholische Frohsinn der Walzer oder auch die brillante Emphase der Sonaten. Für die Klavierkonzerte hatte Harasiewicz die Wiener Philharmoniker an seiner Seite, die sich unter der Leitung von Heinrich Hollreiser souverän der nachdrücklichen Interpretation des Solisten anschlossen. So ist die limitierte Chopin-Edition der Eloquence-Reihe, die neben den bekannte Einspielungen auch einige bislang unveröffentlichte Raritäten aus dem Archiv präsentiert, eine großartige Zusammenstellung, die auf 10 CDs zum erschwinglichen Preis ein musikalisches und gestalterisches Spektrum präsentiert, das einen Genius des 19.Jahrhunderts auf einen seiner herausragenden Exegeten treffen lässt. Die beste Einleitung für das Chopin-Jahr 2010, das auf der Basis solcher zeitgemäßer Grundlagenarbeit neue Wege der Deutung bieten wird.
Eine andere Box widmet sich einer der berühmtesten Instrumentalistinnen der Gegenwart, der Geigerin Anne-Sophie Mutter und ihrer musikalischen Zeit an der Seite von Herbert von Karajan. Sie war die einzige Instrumentalistin ihres Fachs, mit der der Dirigent von 1976 bis zu seinem Tod 1989 im Konzertsaal und Aufnahmestudio zusammenarbeitete. Mit Karajan ging Mutter immer wieder ins Studio und nahm neben dem Violinkonzert von Beethoven dessen Tripple-Konzert (mit Mark Zeltser und Yo Yo Ma als Partner), zwei Violinkonzerte von Mozart (KV 216 und KV 219), die Violinkonzerte von Mendelssohn, Bruch, Tschaikowsky und schließlich das Violinkonzert und Doppelkonzert von Johannes Brahms auf. Auf diese Weise entstanden grundlegende Einspielungen dieser Werke, die fest zum Kanon der Interpretationsgeschichte gehören und bis heute nichts von ihrer Frische und Faszination verloren haben. Aus Anlass des 100.Geburtstags von Herbert von Karajan wurden die gemeinsam entstandenen Kunstwerke im vergangenen Jahr in einer 5CD-Box zusammengefasst und bilden seitdem als einheitliche, edle Edition eine Grundlagensammlung zum Thema Geige und Konzert.

Apropos Jubiläum. Die Deutsche Grammophon feiert 2009 ihren 111.Geburtstag. Da das mehr als nur eine gute Nachricht ist, gibt es auch mehr als nur eine famose Edition aus diesem Anlass. Denn die Geschichte der Plattenfirma ist eine Geschichte großer Stars von Sarah Bernhardt bis Vladimir Horovitz, die bis in die Gegenwart weiterreicht zu den Koryphäen unserer Tage wie Anna Netrebko, Thomas Quasthoff, Jonas Kaufmann oder auch Lang Lang. Sie hat so viele Höhepunkte der klassischen Musik hervorgebracht, dass es für das Redaktionsteam der Jubiläumsausgaben eine wirkliche Herausforderung war, sich auf einige davon zu beschränken – und das, obwohl alle Editionen bereits in großem Umfang Musik präsentieren. Das Schmuckstück für Sammler ist dabei die „111 Years Of Deutsche Grammophon – The Collectors Edition“, eine Box mit 55 Original-CDs im Originalcover, die in limitierter Auflage einen umfassenden Querschnitt durch die wichtigsten Aufnahmen seit Einführung der Langspielplatte gibt. Hier kommen Perlen des Repertoires wie Pierre Fourniers Einspielung der Bach’schen „Cello-Suiten“ und das legendäre Moskau-Konzert von Vladimir Horovitz ebenso zu Gehör wie große sinfonische Ereignisse unter der Leitung von Koryphäen wie Claudio Abbado, Wilhelm Furtwängler, Herbert von Karajan oder Pierre Boulez. Kammermusik hat ihren Platz, die Pioniere der Alten Musik und des Barocks sind mit von der Partie, ebenso die großen Solisten von Sviatoslav Richter bis Hillary Hahn. Die Stars von heute gehören dazu wie Lang Lang und natürlich auch die schönen Stimmen von Fritz Wunderlich bis Anna Netrebko – kurz: Die „Collector’s Edition“ ist eine einmalige Zusammenstellung faszinierender Momente der klassischen Musik, die jede Musiksammlung schmückt und komplettiert. 

Ebenfalls grandios sind die beiden anderen Boxen der Jubiläums-Editionen. Denn mit „111 Classic Tracks“ wird auf 6 CDs der große Bogen von Enrico Caruso bis zu den jüngsten Stars des Repertoires wie Yuja Wang gespannt. Mit 111 Stücken von Abbado bis Zimerman kann man auf diese kurzweilige Weise einmal durch die Musikgeschichte schlendern und in das hinein schnuppern, was viele Fans der anspruchsvollem Klassik seitdem nicht mehr los gelassen hat. Den Bogen zu der Bildern schließt schließlich die Box mit „11 Classic Videos“. Ebenfalls in limitierter Auflage sind dabei auf 13 DVD Meilensteine der Aufführungs- und Konzertgeschichte in einer Sammlung vereint, deren Spektrum von Wilhelm Furtwänglers berühmter „Don Giovanni“-Version von 1954 bis hin zu Anne-Sophie Mutters Violinkonzerten von Mozart und Schmankerln wie Claudio Abbados Interpretation von „Peter und der Wolf“ mit Sting als Sprecher reicht.

Plácido Domingo will bewegen. Das gelang dem Startenor schon 1968 an der Met und ist seitdem sein Markenzeichen geblieben, ganz gleich ob er Verdi in Verona, Puccini im Covent Garden oder Arien-Hits gemeinsam mit seinen Kollegen Luciano Pavarotti und José Carreras singt. Seine flexible und farbenreiche Stimme ermöglichte es ihm über die vergangenen vier Jahrzehnte hinweg, zu einem der meistbeschäftigten und vielfach ausgezeichneten Musiker seines Fachs zu avancieren. Domingo sang rund 120 Rollen und nahm über 100 Tonträger auf, davon allein rund 100 Opern in voller Länge. Er wurde mit neun Grammies ausgezeichnet, wirkte außerdem als Dirigent, Regisseur und engagiert sich sowohl im internationalen Kampf gegen Krankheiten wie Aids als auch im Aufbau junger Talente. Er einer der unangefochtenen Stars der klassischen Szene und noch immer ein Impulsgeber für zahlreiche neue Projekte. Und er ist einer der großen Verdi-Interpreten der vergangenen Jahrzehnte. Die 4CD-Box „Domingo singt Verdi“ fasst daher die Highlights aus der umfassenden Beschäftigung des Sängers mit dem vielgestaltigen Schaffen des italienischen Komponisten zusammen. „Blicke ich zurück auf meine bisherige Opernkarriere als Sänger“, meint Domingo im Interview, „so stand ich sicherlich zu 40 Prozent in Verdi-Rollen auf der Bühne“. Diese Box ist das Konzentrat dieser großartigen Momente von „La Traviata“ bis „Otello“.

So manchen Verdi hat Plácido Domingo auch an der Scala in Mailand gesungen. Daher gehört er natürlich auch zu dem Defilee der Stars, die sich auf der opulenten 21CD-Box „Verdi – Great Operas From La Scala“ befinden. Acht der zentralen und populärsten Opern des Souveräns der musikalischen Dramatik sind in dieser Sammlung vereint: der „Rigoletto“, „Il Trovatore“, „La Traviata“, „Un Ballo In Maschera“, „Don Carlo“, „Macbeth“, „Simon Boccanegra“ und „Aida“, ergänzt um das „Requiem“, das übrigens 1874 auch an der Scala seine ersten Aufführungen erlebte. Und zum Künstlerteam auf 21 CDs festgehaltenen, sorgfältig und liebevoll edierten Aufnahmen zählen viele große Namen der Operngeschichte. Entstanden zwischen 1960 und 1981 gibt es beispielsweise ein mehrfaches Wiederhören mit der großen Sopranistin Renata Scotto, die unter anderem Rigolettos Tochter Gilda mimt, der wiederum von Dietrich Fischer-Dieskau verkörpert wird. Ebenfalls mehrfach mit von der Partie sind die Sopranistin Antonietta Stella und die Tenöre Carlo Bergonzi und Plácido Domingo. Star am Pult der Orchesters des Hauses ist in vier Fällen Claudio Abbado, der sich diesen Platz mit Rafael Kubelik, Tullio Serafin, Antonino Votto, Gianandrea Gavazzeni und Gabriele Santini teilt. Allen Aufnahmen gemeinsam ist neben der faszinierenden interpretatorischen Qualität dieses besondere Pathos und die immense Energie, die der Raum auf seine Akteure zu übertragen scheint. Schon deshalb ist die Edition „Verdi – Great Operas From La Scala“ eine Perle in jeder Opernsammlung.

Noch etwas Besonderes zum Schluss: „Alma Mater – Musik aus dem Vatikan“ ist ein einzigartiges Projekt, das kulturübergreifend sehr unterschiedliche Musikstile in sich vereint. Es versteht sich als feierliches Gebet, für das Papst Benedikt XVI. eine spirituelle Mischung aus Gregorianischen Chorälen und bekannten Mariengebeten für die Ewigkeit festgehalten hat. Hinzu tritt opulente Orchestermusik, die von den bekannten Filmkomponisten Simon Boswell und Stefano Mainetti geschaffen wurde. Dabei formuliert Papst Benedikt XVI. seine Gebete auf Englisch, Französisch, Deutsch, Latein und Italienisch und schaffte eine die Grenzen und Kulturen überschreitende Botschaft der Liebe aus dem Geiste der heiligen Mutter Gottes, die jedermann bewegen kann, ganz gleich, ob er nun dem christlichen Glauben folgt oder auch nicht. Die Aufnahmen für „Alma Mater“ fanden dabei an verschiedenen Orten des Globus statt. Denn neben dem Pontifex Maximus sind auch das Royal Philharmonic Orchestra und der Chor der Philharmonischen Akademie in Rom darauf bedacht, aus dem Album eine kunstvolle Huldigung der versöhnenden Botschaft werden zu lassen. „Alma Mater – Musik aus dem Vatikan“ gibt es in verschiedenen Versionen, zum einen als Basis-CD, die die Musik mit ihrer Kernaussage in den Mittelpunkt stellt, außerdem als „Deluxe Box“ mit CD, ausführlichem Booklet und einer zusätzlichen DVD, die die einzelnen Station der Entstehung des Albums nachvollzieht. Und die übrigens auch den karitativen Aspekt nicht vernachlässigt, denn von jedem verkauften Album geht 1€ an die Stiftung „Ein Herz für Kinder“, die seit nunmehr 30 Jahren Kinder und Familien in Not unterstützt.

Wenn Sie mehr über die CD von Papst Benedikt XVI. erfahren möchten, besuchen Sie doch die Website zu “Alma Mater, Musik aus dem Vatikan”
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