Seiji Ozawa | News | Mit Donner und Blitz

Mit Donner und Blitz

11.01.2002
Auf dem Mount Everest der Klassikkonzerte: Seiji Ozawa dirigiert das Neujahrskonzert 2002.
Er ist der nette kleine Mann am Dirigentenpult: Seiji Ozawa. Aber Körpergröße zählt bekanntlich wenig, wenn es um große Künstlertaten geht. Im Jahr 2002 tritt Maestro Ozawa seine neue Aufgabe als künstlerischer Leiter der Wiener an. Doch schon am ersten Tag dieses Jahres wurde für ihn der geheime Traum eines jeden Dirigenten wahr: Er dirigierte das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker im berühmten Goldenen Saal des Wiener Musikvereins. In Ozawas klassikbegeisterter Heimat ist die Strauß-Dynastie mittlerweile genauso ein Begriff wie bei uns die Ming-Dynastie. Und als erster asiatischer Dirigent des Kult-Konzertes machte ihn das Ereignis zum japanischen Nationalhelden. Eigentlich hatte Ozawa, mittlerweile 66, Pianist werden wollen, aber ein Unfall machte ihm einen Strich durch die Rechnung. So wurde der in China geborene Ozawa Dirigent, ging zum Studieren nach Japan. Dort traf er auf seinen langjährigen Lehrer Hideo Saito. Schon damals, als Ozawa noch nicht einmal davon träumte, in Wien einmal das Neujahrskonzert zu leiten, wurde der Grundstein für das Walzer-Repertoire gelegt. Denn Meister Saito hatte in Deutschland und Österreich studiert und war vernarrt in die Melodien von Strauß und Lehár. So spielte Ozawa in Japan beherzt den "Radetzkymarsch3, die "Tritsch-Tratsch-Polka3 und natürlich "An der schönen blauen Donau3. Später, als Ozawa Assistent von Leonard Bernstein war, konnte sich sein ungewöhnliches Faible voll entfalten: Lenny war für seine "swingenden3 Walzer berühmt.
 
Jahre später – Ozawa dirigierte mittlerweile die größten Orchester und hatte den Chefposten beim Boston Symphony Orchestra übernommen – fragten die Wiener Philharmoniker, ob er nicht einen Walzer oder eine Polka von Strauß als Zugabe seines Gastkonzertes dirigieren wolle. Das gefiel Ozawa. Und nach den Proben lautete die Frage plötzlich, ob Ozawa nicht nur ein bisschen Strauß, sondern das berühmteste Konzert des Walzerkönigs leiten wolle. Eine große Ehre, findet der Neu-Wiener Ozawa, der mit seinem Wechsel an die Donau das Boston Symphony Orchestra nach unglaublichen 29 Jahren verlässt: "Ich bin schon ganz aufgeregt. Die Musik der Strauß-Dynastie habe ich schon immer bewundert. Es gibt so viel sichtbaren, aber auch unsichtbaren Humor darin. Und harmonisch ist die Musik von Johann Strauß höchstinteressant und zudem spannend orchestriert. Wir haben ein gutes Beispiel dafür im Programm: die Fledermaus-Ouvertüre, sagte Ozawa in Wien im Gespräch mit KlassikAkzente.
 
Als Clemens Krauss 1939 sich entschloss, ein Konzert zu Ehren von Johann Strauß in das Programm der Wiener Philharmoniker aufzunehmen, konnte er nicht ahnen, dass sich seine Idee zum weltweit meistbewunderten Klassikkonzert, zum berühmtesten Feiertagsevent und Herzstück des österreichischen Kulturverständnisses auswachsen würde. Inzwischen verfolgen jährlich weltweit mehr als 1,2 Milliarden (!) Menschen die Live-Übertragung des Konzertes aus Wien. Karten für das Konzert sind begreiflicherweise schwer zu bekommen. In österreichischen Familien werden sie von Generation zu Generation weitervererbt, und weniger Traditionsbegünstigte können Karten am ersten Arbeitstag des neuen Jahres exakt zwischen 9.00 und 17.00 Uhr im Büro der Wiener Philharmoniker bestellen. Aber erst drei Monate später entscheidet das Los über die wenigen glücklich Auserwählten. Unbestritten einfacher ist es, die neue CD einzulegen. Der Live-Mitschnitt mit Seiji Ozawa ist bereits seit Anfang Januar erhältlich.
 
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